Konzerngeschichte

Die Jahre 1945 bis 1952

Wiederaufbau unter alliierter Herrschaft

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war die Lage der Evonik-Vorgängerfirmen äußerst schwierig. Die Betriebe waren weitgehend zerstört, die Rohstoffversorgung mangelhaft, außerdem fehlte Baumaterial. Die Not leidende Belegschaft brauchte dringend Lebensmittel, Bekleidung und ein Dach über dem Kopf.

In dieser Situation bildeten sich schon früh provisorische Arbeitnehmervertretungen in den Betrieben. Sie kümmerten sich um die Versorgung der Belegschaften und unterstützten die Firmenleitungen bei der Organisation des Wiederaufbaus.

Nachdem die Alliierten die Bildung von Arbeitnehmervertretungen offiziell genehmigten, wurden aus den Provisorien ordentlich gewählte Betriebsräte: im August 1945 bei den Chemischen Werken Hüls und im Oktober 1945 bei Degussa und Röhm & Haas. Goldschmidt folgte im November 1946. In diesem Jahr schufen die Alliierten mit dem Kontrollratsgesetz Nr. 22 auch die rechtliche Basis für die Tätigkeit der Betriebsräte. Da es im Vergleich zum Betriebsrätegesetz von 1920 deutlich allgemeiner gehalten war, standen ihm Betriebsräte und Gewerkschaften allerdings kritisch gegenüber.

Eine besonders wichtige Aufgabe trieben die Betriebsräte aktiv voran: die Entnazifizierung. In der Folge wurde ein nicht geringer Teil der belasteten Arbeitnehmer entlassen, der größere Teil allerdings nur intern degradiert. Die Geschäftsführungen entschieden sich aus pragmatischen Gründen vielfach für den Verbleib ihrer Fachleute. Auch die meisten Vorstände und Geschäftsführer blieben auf ihren Posten oder durften nach kurzer Zeit wieder in die Unternehmen zurückkehren.

Auch sonst waren die Möglichkeiten der Betriebsräte begrenzt, auf die Entscheidungen der Unternehmer Einfluss zu nehmen. Das änderte sich mit dem 1951 erlassenen Montan-Mitbestimmungsgesetz. Es ermöglichte den Arbeitnehmern durch seine echte Parität, also einem zu gleichen Teilen mit Vertretern der Anteilseigner und Arbeitnehmer besetzten Aufsichtsrat, eine wesentliche Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen. Zudem wurde im Vorstand ein Arbeitsdirektor verankert, der nicht gegen die Stimmen der Mehrheit der Belegschaftsvertreter bestellt werden konnte. Ein Gesetz mit einem solch starken Arbeitnehmereinfluss konnte aus zwei Gründen verabschiedet werden. Zum einen wollten die Gewerkschaften verhindern, dass die Arbeitnehmer ihre nach dem Krieg in den Aufsichtsräten der Montankonzerne erlangte starke Stellung wieder einbüßten. Zum anderen galten die Kohle- und Stahlkonzerne den Alliierten als Kriegstreiber, die in ihrer Macht begrenzt werden sollten. Allerdings waren die weitreichenden Regelungen des Gesetzes deshalb auch auf diese Industrien beschränkt. In das 1952 verabschiedete Betriebsverfassungsgesetz, das auch für die chemische Industrie galt, wurden sie so nicht übernommen.